Mental Load in der Partnerschaft – Wenn das „Funktionieren“ nicht mehr reicht
- Amelie Wiessler
- 11. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Wie unausgesprochene Erwartungen, Selbstzweifel und alte Rollenbilder unsere Beziehungen belasten – und was wir tun können, um wieder handlungsfähig zu werden.

Mental Load in der Partnerschaft betrifft nicht nur Mütter
Der Begriff „Mental Load in der Partnerschaft“ wird oft mit der Überforderung von Frauen in der Familienorganisation verbunden – aber auch Männer tragen ihn. Vor allem dann, wenn sie Verantwortung übernehmen wollen, funktionieren müssen und gleichzeitig kaum wissen, wo eigentlich ihr Platz ist.
In meiner Praxis begegnen mir immer wieder Klient:innen, die im Alltag kaum noch atmen können. Sie jonglieren Meetings, Betreuung, Erwartungen – und fühlen sich dennoch unzureichend. Ein Vater sagte neulich zu mir:
„Ich habe alles gegeben. Aber innerlich denke ich trotzdem: Ich hätte mehr tun müssen.“
Wenn Partnerschaft zur Prüfung wird
Gerade in Phasen, in denen einer der Partner belastet ist – etwa durch Krankheit, beruflichen Druck oder emotionale Erschöpfung – spitzt sich das innere Spannungsfeld zu:
Was darf ich? Was soll ich? Was reicht – und was ist zu wenig?
Typische Gedanken in dieser Phase:
„Ich will es richtig machen – aber was ist richtig?“
„Ich darf keine Fehler machen, sonst wird mir alles vorgeworfen.“
„Wenn ich mich abgrenze, bin ich egoistisch. Wenn ich es nicht tue, verliere ich mich selbst.“
Diese Dynamik ist nicht selten – aber sie ist gefährlich. Denn sie führt nicht nur zu ständigem inneren Alarm, sondern auch zu emotionalem Rückzug in der Beziehung.
Warum Selbstzweifel uns lähmen
Menschen, die viel leisten, zweifeln oft besonders viel. Warum? Weil sie nie ganz sicher sind, ob es reicht.
Selbst wenn sie es wissen – bleibt ein Gefühl: Ich hätte es noch besser machen können.
Dieser Selbstzweifel verhindert echte Begegnung. Wer sich selbst infrage stellt, kann kaum mehr in Kontakt treten. Statt Nähe entsteht Distanz. Und irgendwann das Gefühl: Ich bin nur noch Vater. Oder nur noch Versorger. Aber kein Partner mehr.
Wut ist kein Gegner – sondern Wegweiser
Ein besonders wichtiger Schritt in der therapeutischen Arbeit ist es, unterdrückte Wut ernst zu nehmen.
Nicht im Sinne von Explosion – sondern im Sinne von Grenze.
Denn Wut zeigt oft an: Hier stimmt etwas nicht.
Hier verliere ich mich selbst.
Viele meiner Klient:innen berichten, dass sie in Momenten der Kritik oder Überforderung sofort klein werden, sich rechtfertigen oder zurückziehen. Aber der Preis dafür ist hoch – weil sie sich selbst immer weiter entwerten.
Wie Sie beginnen, wieder bei sich anzukommen
Die gute Nachricht: Es braucht keine radikale Veränderung. Oft reichen kleine Schritte mit großer Wirkung.
Zum Beispiel:
Sagen Sie „Stopp“, wenn Sie überrollt werden – und bieten Sie ein Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt an.
Fragen Sie sich: Bin ich gerade verantwortlich für mein Verhalten – oder für die Gefühle der anderen?
Erlauben Sie sich, Wut als Signal zu begreifen – nicht als Schwäche.
Und dann: Klären Sie Ihre Rolle neu
Was viele unterschätzen: Beziehungen geraten nicht ins Wanken, weil man streitet – sondern weil man sich nicht mehr zeigt.
Was macht Sie als Partner:in aus – jenseits von Listen, Regeln und To-dos?
Fragen, die helfen können:
Was ist mir als Mensch wichtig – nicht nur als Vater, Mutter, Partner:in?
Was wünsche ich mir – auch wenn ich es lange nicht ausgesprochen habe?
Was wäre ein erster, kleiner Schritt zurück zu mir?
Fazit: Funktionieren schützt – aber verbindet nicht
Wenn Sie das Gefühl haben, in Ihrer Beziehung nur noch zu funktionieren, ist das ein Alarmsignal. Nicht weil Sie versagt hätten – sondern weil Ihr System Sie warnt:
Du verlierst dich selbst.
Und jeder Moment, in dem Sie sich wieder spüren – ist ein Anfang.
Sie kennen den Mental Load in Ihrer Partnerschaft – und wünschen sich Klarheit, Luft und Nähe zurück?Sie möchten diesen Weg nicht allein gehen?
In meiner Praxis begleite ich Männer und Frauen dabei, wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen – in ihrer Partnerschaft, in der Elternschaft, im Menschsein.
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